Digitalisierung

Berufsbildung 4.0

von Ulrike Friedrich, DIHK
Die Digitalisierung in den Unternehmen schreitet voran; neue Geschäftsmodelle und -beziehungen entstehen. Umso mehr brauchen Unternehmen Fachkräfte, mit denen sie Wirtschaft 4.0 gemeinsam umsetzen können. Mit der Digitalisierung kommen auch für die Ausbildung junger Menschen neue Herausforderungen auf die Betriebe zu. Doch eine Blaupause für die Gestaltung gibt es nicht.
Qualifikationsanforderungen der Zukunft lassen sich nicht konkret oder nur bedingt inhaltlich bestimmen. Auch deshalb herrscht in vielen Betrieben noch kein klares Bild von den daraus abzuleitenden Anforderungen an die Aus- und Fortbildung. Sicher ist jedoch, dass die Abstände zur Aneignung neuen Wissens kürzer werden. In vielen Berufsausbildungen sind digitale Kompetenzen bereits heute integraler Bestandteil.
Dynamische Anpassung von Berufsbildern
Der Wandel der Digitalisierung kann die Novellierung bestehender Berufe erforderlich machen – muss es aber nicht. Modernisierungen der Berufe erfolgen stets auf Impuls und im Konsens von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen. Neue Anforderungen sind jedoch häufig nicht leicht zu benennen oder können sich auch schnell wieder verändern. Deshalb werden in Ausbildungsordnungen häufig technikoffene Formulierungen gewählt. Aktuell haben sich z. B. die Sozialpartner in der Metall- und Elektroindustrie für ein „agiles Verfahren“ bzw. die „dynamische Anpassung von Berufsbildern“ entschieden. Neue Berufsbilder sind demnach derzeit nicht erforderlich, jedoch eine Teilanpassung der Ausbildungsordnungen durch ein neues integratives Element „Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Informationssicherheit“.
Auch wenn neue Ausbildungsberufe eher Einzelfälle sind, steht der Start eines neuen bereits vor der Tür. So hat die rasante Entwicklung im Onlinehandel zur Entstehung des „Kaufmann/-frau im E-Commerce“ geführt. Der neue Beruf wurde auch jenseits des Handels für einen breiten Branchenquerschnitt konzipiert und deckt ab 2018 übergreifend betriebliche Anforderungen ab, wie etwa die Bewirtschaftung eines Online-Vertriebskanals. Um etwaige Qualifikationslücken zu schließen, kann die Ergänzung eines Berufs durch Zusatzqualifikationen (ZQs) sinnvoll sein. Derzeit werden verschiedene ZQs entwickelt oder pilotiert – sowohl berufsübergreifend als auch branchen- und berufsspezifisch.
Digitale Kompetenzen umfassen berufsübergreifend insbesondere den Erwerb sozialer Kompetenzen wie Kooperations- und Teamfähigkeit oder Kommunikationsfähigkeit. Schlüssel in diesem Transformationsprozess sind insbesondere die Lehrkräfte der Beruflichen Schulen und das Ausbildungspersonal in den Betrieben. Auch sie müssen dabei unterstützt werden, neue fachliche Qualifikationen zu erwerben, digitale Unterrichtsinhalte zu entwickeln und ihre Rolle als Lernbegleiter zu verändern.
Digitale Kompetenzen sind Allgemeinbildung
Viele Arbeitnehmer haben schon Veränderungen in ihren Arbeitsprozessen erfahren, manchem stehen sie noch bevor. Die Digitalisierung birgt viele Chancen und verändert unser Leben und Arbeiten. Die DIHK-Ausbildungsumfrage 2017 zeigt: Für 68 Prozent der Betriebe werden die IT-Kenntnisse ihrer Ausbildungsbewerber an Bedeutung gewinnen. Digitale Kompetenzen gehören deshalb schon heute zur Allgemeinbildung und sind bereits Aufgabe der allgemeinbildenden Schulen. In der Berufsschule und in den Betrieben können die Grundkompetenzen weiterentwickelt werden. Dazu hat die Kultusministerkonferenz 2016 die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ definiert, um die digitale Grundbildung als Teil der Allgemeinbildung zu vermitteln. Lehrerausbildung, Unterrichtskonzepte und Lehrpläne müssen angepasst werden. Eine angemessene Ausstattung aller Schulen ist dafür die Basis. Hier schließt der digitale Infrastrukturpakt DigitalPakt#D von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka an: Er soll vom Bund mit fünf Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre ausgestattet werden. Die Länder verpflichten sich, pädagogische Konzepte für das Lernen mit digitalen Medien zu erarbeiten und Lehrer entsprechend aus- und fortzubilden. Der Vorschlag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird derzeit verhandelt. Eine Umsetzung soll frühestens ab 2018 erfolgen.
 
"Durch die Digitalisierung bietet sich nicht zuletzt die Chance, die Attraktivität der dualen Ausbildung für junge Menschen zur steigern, mit Auszubildenden Innovations- und Digitalisierungsprozesse in Betrieben zu initiieren und zu gestalten. Dieses Potenzial sollten wir alle nutzen."