IHK Akademie Schwaben

3D-Druck: Fertigungsverfahren mit großer Zukunft

Die Chancen aus dem 3D-Druck bleiben oft ungenutzt. Dabei ist die additive Fertigung längst bereit für den industriellen Einsatz. Doch viele Unternehmen sind sich unsicher über die Potenziale dieser neuen Fertigungstechnik und nicht bereit gewohnte Wege zu verlassen.
Additive Fertigung ist die Bezeichnung für alle Fertigungsverfahren, bei denen Material Schicht für Schicht aufgetragen und so dreidimensionale Werkstücke erzeugt werden. Eine neue Fertigungstechnologie, wie der 3D-Druck, verlangt ein neues Zusammenspiel aus Menschen, Maschine, Orten und Abläufen. Der erfolgreiche Einsatz eines industriellen 3D-Druckers sowie das Umsetzen von 3D-gedruckten Bauteilen setzt eine andere Denk- und Herangehensweise voraus, als dies bei bekannten traditionellen Fertigungsverfahren der Fall ist. Doch bei schwierigen Fertigungsproblemen oder komplett neuen Produkten ist das Heranziehen der additiven Fertigung ein großer Gewinn für alle. Die 3D-Druck-Verfahren haben aktuell ihre Stärken, wenn eine komplizierte Geometrie des Werkstücks vorliegt oder ein hoher Grad der Individualisierung mit daraus resultierenden kleinen Stückzahlen gefordert ist. Besonders in der Luft- und Raumfahrt, im Werkzeugbau und vermehrt bei medizinischen Produkten kommt die additive Fertigung heute zum Einsatz.
Welche Denk- und Herangehensweise ist dabei nötig?
Steht eine technische Veränderung bei Produkten im Unternehmen an oder werden neue Produkte designt und entwickelt, wird oft auf bewährte Fertigungstechnologie zurückgegriffen. Das heißt, Bauteile werden zum Beispiel aus Metall gegossen, aus einem Blech gebogen oder aus einem Stück Metall spanend bearbeitet. Es wird nicht lange überlegt, weil aus der Vergangenheit bekannt ist, dass diese Fertigungsschritte erprobt sind und noch heute sehr gut funktionieren.
Was wäre jedoch, wenn eine neue Fertigungstechnik wie 3D-Druck dazu kommt und bestimmte Bauteile oder ganze Baugruppen viel cleverer, schneller und kostengünstiger gefertigt werden können? Ziel jedes „Gestalters“ sollte sein, pfiffige, langlebige und wandlungsfähige technische Lösungen zu fertigen, welche die Prüfkriterien „sicher“, „einfach“ und „eindeutig“ bestehen. Wenn die Entwickler und Konstrukteure mehr Know-how zu 3D-Druck hätten, würden diese neuen Potenziale für die Fertigung öfter zum Einsatz kommen. Doch das ist nicht der Fall, weil herkömmliche konstruktive Gewohnheiten tief verankert sind und erst angepasst oder über Bord geworfen werden müssen.
3 Schritte, die wichtig sind, um mit 3D-Druck zu starten
  1. 3D-Druck-Wissen aufbauen
    Der Grundstein für alle weiterführenden Schritte ist das Kennen der einzelnen 3D-Drucktechnologien und dessen Werkstoffvielfalt. Denn die additive Fertigung ist eine Abfolge von Prozessschritten, die eingehalten werden müssen, damit zum Schluss ein fertiges Bauteil entsteht.
  2. Potenzial für 3D-Druck erkennen
    Um jedoch aus der bekannten traditionellen Fertigungswelt auszubrechen, ist es wichtig sich neuen und unbekannten Fertigungstechnologien grundsätzlich zu öffnen. Die Bereitschaft neue Wege zu gehen, ist eine Voraussetzung 3D-gedruckte Lösung zu entwickeln. Denn beim 3D-Druck stehen die Anwendung und dessen Potenziale an erster Stelle und das Aussuchen der richtigen Technologie erst an letzter Stelle. Diese Herangehensweise ist deshalb so wichtig, da es für viele Anwendungsfelder unterschiedliche Drucktechnologien gibt und mit einer Drucktechnologie selbstverständlich nicht alle Anwendungen umsetzbar sind. Weniger ist es dann der Fall eine gute oder schlechte Drucktechnologie zu finden, sondern eher die für die Anwendung richtige Drucktechnologie, um das Vorhaben umzusetzen und die Funktion der Anwendung zu gewährleisten.
  3. Additiv Konstruieren
    Die additive Fertigung bietet die Möglichkeit, Bauteile mit denkbar wenigen Einschränkungen bezogen auf die Formgestalt herzustellen, da die Bauteile nicht Schritt für Schritt, sondern Schicht für Schicht entstehen. Somit kann für jeden Einsatzzweck der Anwendung quasi kostenneutral eine völlig neue und anwendungsgerechte Form entstehen. Um jedoch auf diese neue Formgebung der Bauteile zu kommen und die Möglichkeiten der additiven Fertigung auszuschöpfen, muss bestehendes Wissen zu konventioneller Konstruktion um Erkenntnisse aus der additiven Fertigung ergänzt werden. Einfach gesagt: Das Denken in geometrischen Primitiven, also Bauklötzchen, sollte durch das Formen von Knetmasse oder Wachstum in der Natur ersetzt werden.
Steht man diesen drei Schritten offen gegenüber, so steht einer 3D-gedruckten Lösung nichts mehr im Weg. Ziel jedes Anwenders von 3D-Druck sollte immer sein unternehmerisch zu denken und sich auf das Einsparen von Zeit und Kosten sowie das Steigern der Innovationskraft zu konzentrieren. Additive Fertigungsverfahren ermöglichen neue Wege, wenn der Wettbewerb zu immer kürzeren Entwicklungszeiten drängt und gleichzeitig die Produktkomplexität und Nachfrage nach individuellen Produkten steigt. Mit einer Weiterentwicklung der Druckverfahren, durch kombinierte Druckverfahren, durch Mehrkomponenten- und Hybridverfahren werden immer neue Potenziale der additiven Fertigung erschlossen. Abseits von der reinen Produktion werden beispielsweise neue Logistikkonzepte und Ersatzteilbevorratung möglich und die Innovationsprozesse werden deutlich beschleunigt.
Der erste und wichtigste Schritt
Um Wissen und Praxiserfahrung zu sammeln, bietet die IHK Akademie Schwaben mit der „IHK-Fachkraft für additive Fertigungsverfahren (3D-Druck)“ einen Basislehrgang, der alle Themen umfasst, die für den Einsatz von 3D-Druck notwendig sind. Die Teilnehmer erarbeiten sich in drei Modulen ein Fundament an Wissen und Fertigkeiten mit einem steten Blick auf die praktische Umsetzung von 3D-Druck im jeweiligen Unternehmen. Am Ende des Lehrgangs sind die Teilnehmer in der Lage, eine 3D-gedruckte Lösung zu konstruieren, die Daten an den 3D-Drucker zu übermitteln und das fertige Bauteil zu präsentieren. Sie beherrschen die komplette Prozesskette der additiven 3D-Druck-Fertigung.
Additive Fertigungsverfahren ermöglichen neue Wege, wenn der Wettbewerb zu immer kürzeren Entwicklungszeiten drängt und gleichzeitig die Produktkomplexität und Nachfrage nach individuellen Produkten steigt.
Zur Person:
Johannes Lutz ist Geschäftsführender Gesellschafter der 3D Industrie GmbH, Aalen. Das Unternehmen berät metall- und kunststoffverarbeitende Unternehmen dabei additive Fertigung (3D-Druck) erfolgreich einzusetzen.